Es muß nicht immer eine Jungfrau sein
Es muß nicht immer eine Jungfrau sein - auch an anderen Bergen kann man sich hervorragend austoben. Diese Erfahrung machte ich jedenfalls am 05.07.2008. Als meine 40ste (Ultra-)Marathon-Teilnahme und 100ste Laufveranstaltung überhaupt hatte ich mir etwas Besonderes ausgesucht: den Alpin-Marathon in Oberstaufen. Normalerweise ist dieser Ort eher das Ziel dicklich-ältlicher Kurgäste, die mittels einer Ladung Schroth ihre Innereien sanieren möchten. Ganz anderer Natur waren die 209 Damen und Herren, die zu Fuß die 1.800 Höhenmeter zum Hochgrat und zurück bewältigen wollten.
Für uns ging es um 8:30 morgens bei herrlichem Sonnenschein (so mag ich es) zunächst über einen Warmlaufhügel 150 hm hinauf, um dann erst mal 300 Höhenmeter nach Weissach hinabzulaufen. Ab km 7 wurde es jedoch Ernst. Bis km 18 sind auf Wanderwegen fast ununterbrochen gemeine Steigungen zu überwinden, so daß ich nur noch sporadisch vom Wander- in den Laufschritt wechseln konnte. Auf dem Bergrücken in Höhe von 1.600 Metern angekommen wurden wir mit einem phantastischen Rundblick über die Österreicher und Schweizer Berge belohnt.
Man tat jedoch besser daran, gut auf den Weg zu achten, denn anstatt einer Ausruhephase mußten wir die nächsten Kilometer oftmals über Felsen klettern und sogar eine Eisenleiter hochsteigen. Jetzt wurde mir klar, warum der Lauf Alpin-Marathon heißt. Die Tempo-Kletterei machte zwar viel Spaß, war aber auch anstrengend. So war ich ganz froh, nach 3:02 Stunden bei km 22 die Hochgrat-Bergstation auf 1.708 Metern Höhe zu erreichen.
Von hier ging es wieder steil bergab nach Steibis und Weissach. Da freuen sich die Knie! Als es dann zwischenzeitlich wieder flach wurde, merkte ich, wie müde ich schon war und wie schwer mir das Laufen bereits jetzt fiel und das weit vor der 30-Kilometermarke! Aber dann ging es weiter ins Tal hinab, und ich ließ mich einfach treiben. Bei der nächsten Verpflegungsstation hieß es dann: Von hier aus noch 10 Kilometer! Das war für mich der Anlaß, mein Koffein-Gel aus der Gesäßtasche zu ziehen (mmmh, gut gelagert zwischen den Backen, ca. 40 Grad warm und dünnflüssig ...) und mir einen kleinen Doping-Stoß zu verabreichen. Und siehe da es wirkte Wunder. Ein paar Minuten später begann ich tatsächlich, die vor mir liegenden Teilnehmer zu überholen. Ich konnte sogar bergauf wieder laufen und war zwei Kilometer vor dem Ziel in der Lage, das Tempo zu verschärfen und schließlich mit glänzender Laune ins Ziel zu kommen. Meine 5:18:41 reichten natürlich nicht für einen der vorderen Plätze, aber in diesem erlesenen Starterfeld war ich mit Platz 101 (von 174 Finishern) bzw. Platz 23 in M45 (40 Finisher) ganz zufrieden. Was aber viel wichtiger war: Es war ein toll organisierter Lauf über eine phantastische Strecke bei bestem Wetter und es hat Spaß gemacht!
Uli Walter
Dynamik und Trittsicherheit des Bergläufers sind auf den ersten Blick erkennbar ...