Die verflixte Sieben
So, da steh ich nun wieder um 6 Uhr in der Wechselzone des grössten Langdistanztriathlons der Welt. Zum siebten Mal in Roth.
2003, 2004, 2005 und 2006 in der Staffel als Radfahrer, wo ich mich von 5:50 auf 5:01 hochgedient habe.
Als Einzelstarter 2008 bei Dauerregen und Kälte, 2011 mit dem DNF wegen Infekt und jetzt 2012 nochmal.
Die Schmetterlinge im Bauch sind aber nicht mehr da, eher normale Wettkampfanspannung.
Heute nur keinen Fehler machen, der wieder das Aus wie im Vorjahr bedeutet. Respekt vor der Langdistanz, die Krönung des Ausdauersports.
Schwimmen geht gut, mein Rad ist perfekt, die Verpflegung top geplant und ich werde mich in allen drei Disziplinen einbremsen. Zeit ist nicht so wichtig, aber DNF ist keine Option mehr.
Es bleibt noch Zeit, mit meinem Wechselzonennachbarn Oisin zu plaudern. Ein Ire, der in Deutschland lebt. Er hat sich aber leider den Fuß gebrochen und weiß, dass er nicht in die Laufschuhe kommt. Toll, trotzdem anzutreten.
Also die gleiche Prozedur. Startnummer ans Rad, Garmin einschalten, Dixi, eincremen, Neo an.
7 Uhr, ws wird langsam Zeit, sich in die weissen Bademützen einzureihen. Alle ins Wasser, Neo fluten. Transponder ist am linken, Ersatzbrille am rechten Fuß. Da kommt der Startschuss und ich komme ohne Hektil schnell ins gleichmässige Schwimmen, das passt. Jemand hat mir geraten, nicht nach der Brücke zu schauen. Schwimmen, die Wende merkt man schon irgendwie.
Auch die Orientierungsprobs halten sich in Grenzen, im Kanal kann man sich nicht verschwimmen.
Die Wende kommt, ich geniesse das Schwimmen, mitten im Wettkampf, das ist gut. Enjoy your race! hat Belinda Granger mal zu mir gesagt. Beim nach rechts atmen sehe ich das Kreuz am Ufer wahrscheinlich für den im letzten Jahr hier verstorbenen Forchheimer Sportler. Komisches Gefühl, weiter. Einer packt mich an der linken Fessel. Jetzt im Wasser eine Schlägerei anfangen und ihm den Neo ausziehen? Ne, kein Stress, kostet nur Kraft.
Im letzen Drittel merken die Arme die fehlenden längeren Freiwassereinheiten.
Aber was solls, da kommt nach der zweiten Wende schon der Ausstieg. Ist zwar steil, aber dank vieler helfender Arme bin ich schnell bei dem Beutel mit der 1559 und im Wechselzelt.
Komischerweise krampfen die Oberschenkel, wenn ich nur wüsste von was. Geht vorbei.
Eine nette Frau als mein persönlicher Wechselcoach hilft mir super und berät mich noch Richtung Wetter. Also Kompressionstrümpfe und Radschuhe. Trikot und Armlinge bleiben da, Windjacke und Kopftuch kommt mit in den Anzug.
Ans Rad und aufs Rad. Hier fühl ich mich wohl, hier ist mein Wohnzimmer. Die Strecke kenne ich im Schlaf und bin sie sogar mal nachts teilweise gefahren. Jetzt nicht überzocken. Die Stimmung an der Strecke ist wie immer gut.
Tacho 40, zu schnell langsamer, auf 36,37 runter. Alles lässig, kein Berg darf wehtun.
Mein Wechselzonenkollege Oisin steht mit dem Rad schon vor Greding und schaut auf den Boden. Aus. Schade.
Manche Leute trifft man auf der Radstrecke dann permanent wieder, weil man sich permanent gegenseitig überholt. Die 2229, Hans-Frieder kommt vom Bodensee und fährt ähnlich schnell wie ich. Ach ja schnell ist das nicht, ich muss meinen Gaul zügeln. Wozu habe ich eigentlich so tolle Aeroräder und einen Zeitfahrhelm, wenn ich hier mit gut 30 rumrolle und noch überhole. Das Gesetz der Langdistanz, auf dem Rad wird gegessen, getrunken, geplaudert und die 180 km abgesessen.
Wer bolzen will, muss zum Zeitfahren gehen und nicht noch laufen.
Die Strecke ist so voll, an den langen Anstiegen sieht man die Radfahrer wie Perlen an einer Schnur.
Aber jetzt das Highlight, der Solarer Berg. Roth beziehungsweise Hilpoltstein hat sich wieder selbst übertroffen. Lange Banden halten die Leute zurück. Wo die Banden enden, ist die Strasse schwarz vor Leuten. Nur eine schmale Gasse bleibt mehr oder weniger frei. Überholen kann man vergessen. Aber die Gänsehaut bleibt aus und ich fahre den Berg schön kontrolliert langsam hoch. In Eckersmühlen wartet Wally, sie muss mir hier dieses Jahr nichts anreichen, ich habe meine Verpflegungsstrategie geändert. Auch Hans-Frieder, die 2229 ist wieder auf meiner Höhe.
Der Rest der Radstrecke ist Routine, noch einmal nach Greding, Solarer Berg und Eckersmühlen.
Nach Roth rein wird es wieder spannender. Der Garmin muss runter, das Rad nimmt mir ein Helfer gleich professionell ab, ein Junge bringt mir meinen Wechselbeutel und eine junge Frau macht wieder meinen Wechselcoach, legt mir mit ein paar netten Worten die Sachen zur Auswahl hin und cremt mich noch mit Sonnenmilch ein. Full- Service nach Rother Art. Sensationell, ich fühle mich wie ein Profi. Die Helfer in Roth können sich hier immer wieder toppen. In der Hektik habe ich aber noch die Windjacke und das Tuch im Anzug, aber das kann ich Axel gleich an der Strecke andrehen.
Jetzt kommt der ernste Teil. Die Sonne ist rausgekommen und es wird warm. Vom Radfahren ist links oberhalb vom Knie noch ein kleiner Krampf übrig, der geht aber irgendwann weg. Mein Garmin sagt mir, ich bin mit 5 min/km viel zu schnell und ich bremse mich auf 6 min/km ein. Nur jetzt nicht noch überzocken, auf den ersten 15 20 km wird entschieden, ob es nachher noch einen Wandertag oder ein DNF gibt.
Also erstmal raus zur Lände an den Kanal, Christian und Markus feuern mich an.
Günter von den Strullendorfern ist an der Verpflegung erkennt mich und freut sich über den Bamberger Teilnehmer. Nächstes Jahr ist er selbst fällig.
Am Kanal bei km 5 oder so sitzt mein Radkollege Hans-Frieder vom Bodensee am Rand. Aus, auf der Strecke geblieben. Nochmal schade.
Dann links nach Richtung Schleuse und nach Schwanstetten rein, wo ich schon oft das Zeitfahren gefahren bin. Alles läuft nach Plan und Richtung Lände zurück. Jetzt wird es langsam zäh, Halbdistanz, ich spüre mein anfälliges Band an der Aussenseite des rechten Beins zieht heftig. An der Verpflegung lasse ich mir Zeit, nehme meine Verpflegung von Wally an und weiter Richtung Haimpfarrich und Eckersmühlen. Hier ist ein Mann im Wald zusammengebrochen und ich weise sogar den Sanka noch kurz ein. Langsam gehen mir die Kohlen aus und ich bin auf über 7 min/km zurückgefallen. Wenn schon gehen, dann nur kurz bergauf, der Rest wird gelaufen. Der Magen will eigentlich kein Gel und kein Wasser mehr. Muss rein, gerade soviel, dass es nicht zurückkommt. Mein Garmin meldet low battery und ich bin mir nicht sicher ob er mich meint. Dass ich das mit 11:xx knicken kann, ist mir jetzt klar.
Egal, finishen. Der Rest ist Routine, zurück nach Roth, die letzten 3 km die Runde über den Markplatz und in den Zielbereich.
Hier im Zielbereich mache ich noch einen Zielsprint, der mich aber schwindlig macht. War wohl etwas viel heute. Wahrscheinlich ein schlechtes Gel irgendwo erwischt.
Gefinisht! 226 km abgehakt.
2013 wird ein Ruhejahr.
Laufform verbessern und stabilisieren.
Den Rest sehen wir noch.
Ralf
Datum